Gildeklassiker #1 - Carcassonne
Ja, es gab sie - die Zeit wo ich keine oder nur wenig Brettspiele gespielt habe. Irgendwann hatte der Hype um "Die Siedler von Catan" nachgelassen und es brauchte mehr als fünfzehn Jahre, bis ich den Wiedereinstieg in die faszinierende Welt der Brettspiele vollzogen hatte. Genau in dieser Zwischenzeit erschien Carcassonne von Klaus-Jürgen Wrede. Das Spiel begleitete uns damals auf jede Urlaubsreise - unter anderem nach Südfrankreich in die gleichnamige Stadt. Jetzt ca. zwanzig Jahre später frage ich mich, ob Carcassonne immer noch das Zeug zum Spiel des Jahres hat.
In Carcassonne versuchen 2- 5 Spieler durch den geschickten Einsatz ihrer Gefolgsleute Landschaften, Städte und Klöster zu entwickeln und Punkte zu sammeln. Wer am Ende die meisten Punkte hat - wer hätte es gedacht - gewinnt das Spiel.
Koffer gepackt und ab in den Süden
Spielvorbereitung und Spielablauf sind schnell erklärt. Zu Beginn werden Startkarte, Wertungstafel und die Landschaftsplättchen (verdeckt) in Stapeln auf dem Tisch platziert. Jeder Spieler erhält 8 Gefolgsleute einer Farbe, wovon einer auf der Wertungstafel platziert wird.
Carcassonne wird im Uhrzeigersinn so lange gespielt, bis kein Landschaftsplättchen mehr gezogen werden kann. Der Zug eines Spielers besteht immer aus den folgenden Aktionen:
- Der Spieler muss ein Landschaftsplättchen ziehen und regelkonform anlegen
- Der Spieler kann einen der Gefolgsleute aus dem Vorrat auf das soeben angelegte Plättchen setzen
- Sind durch das Anlegen des Plättchens fertige Straßen, Städte oder Klöster entstanden werden diese direkt gewertet
Ritter, Wegelagerer oder Mönch?
So einfach wie sich die Regeln im ersten Moment anhören, beginnt meist mit dem Ziehen des Landschaftsplättchens die Grübelei. Wo kann es taktisch klug positioniert werden? Kann ich eine Straße oder Stadt abschließen um Punkte zu ergattern und vor allem einen Gefolgsmann wieder zurück auf die Hand zu bekommen? Klöster bringen viele Punkte, müssen aber komplett von anderen Landschaftsplättchen umschlossen sein, damit sie direkt gewertet werden können. Bei Straßen und Städten hingegen lautet die Frage meist: wie groß ist zu groß? Natürlich bringt eine Stadt mit zahlreichen Wappen ordentlich Punkte, aber diese muss auch geschlossen werden - und zwar bevor das Spiel endet.
Neben den Überlegungen für die eigenen Landschaften sollte man auch immer seine MitGegenspieler im Auge behalten. Durch trickreiches indirektes Anlegen von Landschaftsplättchen kann es vorkommen, dass mehrere Wegelagerer auf Straßen oder Ritter auf Städten stehen. Die Punkte erhält dann der Spieler mit den meisten Wegelagerern bzw. Rittern. Bei Gleichstand gibt es für alle beteiligten Spieler die volle Punktzahl.
Enden tut das Spiel, wenn alle Plättchen angelegt wurden. Sollte der seltene Fall eintreten, dass ein Landschaftsplättchen nicht angelegt werden kann darf der Spieler ein neues Plättchen ziehen. In der Abschlusswertung gibt es noch einmal Punkte für unvollendete Straßen, Städte und Klöster (jeweils einen Punkt pro Plättchen). In der ursprünglichen Variante von Carcassonne werden außerdem noch die Städte gewertet, die an von Bauern besetzte Wiesen grenzen. In neueren Auflagen ist das eine eigenständige Spielvariante für "Profis", die durchaus spielentscheidend sein kann. Da gibt es nämlich drei Punkte pro Stadt. Durch die richtige Strategie beim Belegen von Wiesen können auch Mehrheiten entstehen, so dass manch ein Bauer bei der Endwertung leer ausgeht. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, denn ein als Bauer eingesetzter Gefolgsmann bleibt die ganze Zeit über auf der Wiese und kann nicht zurückgenommen werden.
Lohnt sich eine Reise nach Südfrankreich?
Spontan würde ich sagen auf jeden Fall. Das Spiel besticht durch einen flotten Aufbau, schnell gelernten Regeln und einen flüssigen Spielablauf. Und doch erzeugt es eine angenehme taktische Tiefe und bietet auch Strategen Möglichkeiten zur Entfaltung. Die Spieler können selbst entscheiden, wie offensiv sie gegeneinander vorgehen. Carcassonne findet dabei genau das richtige Maß und eignet sich perfekt für einen Spielabend in der Familie.
Im Laufe der Zeit sind zahlreiche neue Versionen von dem Basisspiel auf den Markt gekommen, so dass Illustrationen und Spielanleitung einige Überarbeitungen erfahren haben. Besonders zu empfehlen ist hier die 20 Jahre Jubiläumsedition - ein optischer Leckerbissen nicht nur für Fans. Aber auch in Sachen Wiederspielwert kann Carcassonne überzeugen. Es gibt unzählige Erweiterungen, die dafür sorgen, dass das Spiel auch in den nächsten 20 Jahren nicht so schnell langweilig wird.
Fazit: Die Mutter aller Plättchenlegespiele ist gut gealtert und kann damals wie heute für einen netten Spieleabend empfohlen werden. Auf welche Version und Erweiterungen man dabei zurückgreift bleibt jedem selbst überlassen.
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